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V. Gedankenlyrik

Im Gegensatz zur Erlebnislyrik, wo sich das lyrische Ich unmittelbar und gefühlsbetont äußert, stellt die Gedankenlyrik eine stark reflektierte Beziehung des Ich zur Welt dar. Dementsprechend enthalten die zu dieser Gattung gehörenden Texte philosophische, religiöse Themen oder bekunden allgemein weltanschauliche Gedanken. Auch wenn die Gedichte den persönlichen Charakter (z.B. die erste Person) behalten, bewegen sich die poetischen Mittelungen auf einer höheren Abstraktionsebene. Dies führt eben auch dazu, dass diese lyrischen Formen bei den jüngeren Autoren viel öfter vorkommen als bei den älteren Dichtergenerationen.

Wie so oft in der Literaturwissenschaft der Fall ist, kann der Gattungsbegriff Gedankenlyrik nur schwer definiert werden, da die Gedichtarten, die dazu geordnet werden, sehr unterschiedlich sind. So befinden sich auch in unserem Lesebuch unter diesem Titel verschiedene Texte, deren gemeinsames Merkmal die vertiefte Reflexion über die Welt und über sich selbst ist. Eine spezielle Form davon stellen die ästhetischen Bekenntnisse dar.