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Helmut Herman Bechtel - Zoltán Szendi
Tradition und Modernität in der ungarndeutschen Literatur

Valeria Koch: In memoriam

Valeria Koch: In memoriam

Meiner Patin Anna-Réka

Valeria Koch,
die es hätte geben können.

(1974)

 

 

Interpretation

Das Gedicht gehört gewiss zu den schönsten und tiefsinnigsten Werken von Valeria Koch. Mit spielerischer Leichtigkeit führt es den Leser in die Welt der Möglichkeiten, in die Welt der Märchen.

Der Kunstgriff dieses Miniaturgedichtes besteht in der mehrschichtigen Opposition zwischen dem Titel und dem zweizeiligen Text. Die Überschrift – In memoriam – ruft erwartungsgemäß die Vorstellung von einer verstorbenen bekannten Persönlichkeit hervor. Die ästhetische Spannung entsteht durch die zusammengesetzte Selbstironie, denn die Autorin stellt sich selbst eine Gedenktafel, die sie aber gleich zurücknimmt, indem sie – mit der Konditionalform – auf die unerfüllte Erwartung der Dichterin anspielt. Die Frage, ob es sich hierbei um eine gespielte Selbstherabsetzung handelt oder (auch) um eine Selbstbefreiung dadurch, dass sie die Hindernisse in ihrer dichterischen Laufbahn andeutet, eventuell mit einer Reminiszenz an Ady, der in seinem berühmten Gedicht „Auf dem ungarischen Brachland“ den unterdrückten Rückstand der geistigen Entwicklung schildert, ist schwer zu beantworten möglich.